Wie schließe ich Freundschaft mit meinem (inneren) Körper
Unser Körper ist ein unglaubliches Phänomen, wenn wir all die komplexen Funktionen betrachten, die uns täglich am Leben halten. Es ist ein kleines Universum, dass einer unbeschreiblichen Intelligenz unterliegt. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass der Körper es immer wieder schafft, von einer Krankheit zu heilen, gebrochene Knochen zu reparieren, neue Zellen herzustellen und unser Herz 24 Stunden 365 Tage im Jahr schlagen lässt.
Was ist passiert, dass trotz alledem der Körper so sehr objektiviert wird? Wir bringen den Körper unter enorme Strapazen, um ihn einem Schönheitsideal anzupassen, dass nichts mehr mit Gesundheit zu tun hat. Wir fordern von unserem Körper, dass er wie eine Maschine zu funktionieren hat, dass wir ehrgeizig unseren enormen Leistungsansprüchen gerecht werden können, ohne in Betracht zu ziehen, dass auch unser Körper Zeiten der Ruhe braucht und Brennstoff durch gesunde Nahrung, um seine Arbeit tun zu können.
Jede Krankheit, Verletzung, emotionale Irritation wird als Störung betrachtet und muss schnell wieder repariert werden. Doch wenn wir alle Symptome einfach betäuben, woher wissen wir dann, was uns guttut und wo es nach Veränderung ruft. Unsere Körpersignale zeigen uns sehr klar, was wir brauchen und was dran ist. Wir haben Schmerzen und Unwohlsein zu einem hohen Maß gelernt zu akzeptieren und als normal anzusehen. Unsere Körperintelligenz ist ein fundamentaler Maßstab für unsere Gesundheit und Wohlbefinden. Wo ist uns bloß der mystische Aspekt des Körpers als Tempel unserer Seele, als Ausdruck einer größeren Intelligenz, verloren gegangen?
In unserem Körper wohnt eine unglaubliche Intelligenz und Weisheit, die uns ein ganz klares Feedback darüber gibt, wie das Leben, unser Essen, Handeln, unsere Beziehungen uns beeinflussen. Es ist unser Zuhause, das Zuhause unserer Seele, aus dem wir diese Erde beschreiten und erfahren. Und doch sind wir wie zwei Fremde, die in unterschiedlichen Welten und Sprachen leben.
Gott sei Dank besinnen wir uns immer mehr, nicht nur unseren Körper über ein rigides Fitnessprogramm in Form zu halten, sondern auch unsere Körperwahrnehmung wieder zu schulen durch Yoga, Feldenkrais, Meditation, Somatic Movement und andere Bewegungsformen.
Der Körper des 21. Jahrhunderts
Wir sind mit einem tiefen Wissen über unseren Körper und unsere Bedürfnisse geboren. Es gab eine Zeit in der Geschichte der Menschheit, da war dieses Wissen überlebensnotwendig. Wir waren gezwungen, Essen zu finden und zu sammeln, die Elemente der Natur zu verstehen, um zu überleben, Kinder ohne große Hilfe zu gebären. Hätten wir uns nicht auf unsere intuitive Intelligenz verlassen, wären wir gestorben. Wir wurden damit ausgestattet, weil es lebensnotwendig war.
Unser Leben heute kann kaum ein größerer Kontrast sein. Wir sind so weit weg von den Bedürfnissen unseres Körpers als jemals zuvor. Wir sitzen Stunden, Tag für Tag, ohne zu sprechen und ohne Bewegung vor dem Computer, wir müssen für unsere Lebensmittel nur in den Supermarkt gehen oder bestellen es uns sogar nach Hause. Theoretisch müssten wir noch nicht mal mehr kochen mit all dem Lieferservice und Tiefkühlfertiggerichten. Wir können etwas einnehmen, dass uns hilft, den Tag zur Nacht zu machen oder die Nacht zum Tag, wenn es notwendig ist. Wir fahren mit dem Auto oder der Bahn zum Job, fahren Fahrstuhl oder Rolltreppe statt zu laufen. Wenn man sich all das bildliche vor Augen führt, verwundert es eigentlich nicht mehr, dass unser Körper dermaßen runter gefahren ist. 80 % der heutigen Krankheiten wie hohes Cholesterin, Diabetis, Herzkreislauferkrankung sind typische Folgen unseres modernen Lifestyles.
Wir sind dem Glauben verfallen, dass wir unsere Bedürfnisse unter Kontrolle zu bringen haben, um die wichtigen Dinge im Leben zu erledigen: „mind over matter“. Wenn ich von Bedürfnissen spreche, dann meine ich v.a. grundlegende Bedürfnisse von Hunger, Durst, ausreichend Schlaf und Erholung, Verbindung und Berührung.
Je mehr wir uns wieder mit unserem Körper verbinden und ihm zuhören, was er uns Tag für Tag zu sagen hat, desto mehr öffnen wir die Tür zu unserem Glück und inneren Wohlbefinden. In einer gesunden Beziehung zu Deinem Körper wird es Dir einfacher fallen, Entscheidungen zu treffen und Krankheiten vorzubeugen, wenn Du die frühen Symptome spüren kannst und darauf hörst.
Die Sprache Deines Körpers besteht aus Bildern, Gefühlen und Empfindungen wie Schmerz, Temperatur und Qualitäten (geschmeidig, hart, eckig, weich, fließend, zackig ect.) All das sind wichtige Informationen über Dein Innenleben und über Dich. Je mehr Du diese Informationen spüren kannst und ernst nimmst, desto mehr lebst Du im Einklang mit Dir und Deiner inneren Weisheit. Wenn Du Antworten oder Orientierung suchst, dann lausche nach Innen. Wir sind alle unterschiedlich und das, was mir guttut, mag für Dich absolut falsch sein. Anstatt uns gegenseitig darin zu unterstützen, ein Gefühl für die eigene innere Stimme zu entwickeln, machen wir uns selbst immer noch viel zu sehr zum Massstab aller und stülpen anderen unsere Ratschläge über. Selbst Ärzte sind in ihrer Diagnose begrenzt.
Wie das funktioniert? Wenn Du merkst, dass sich Dein Körper bemerkbar macht durch Schmerz, innere Unruhe, Nervosität, Emotionen dann folge diesen Schritten:
- Gewahrsein: welcher Bereich Deines Seins (emotional, physisch, mental, seelisch) macht sich gerade bemerkbar und sucht nach Deiner Aufmerksamkeit?
- Lokalisieren: wo im Körper kannst Du die Empfindung spüren?
- Erlaubnis: bringe eine liebevolle Präsenz zu diesem Ort und erlaube alles genau so zu sein, wie es momentan ist. Beobachte die Empfindung und spüre so klar Du kannst, welche Qualität Du fühlst? Ist es warm, kalt, eckig, weich ect.
- Bereitschaft: achte Deine Empfindung als real und wahrhaftig. Versuche die Logik Deines Verstandes außen vorzulassen. Hier ist eine andere Instanz in Dir gefragt.
- Zuhören: lausche nach Innen mit Empathie und Offenheit, so wie Du einer lieben Freundin zuhörst, wenn sie Dir von schwierigen Zeiten erzählt. Was möchte Dir die Empfindung sagen? Tauchen Bilder auf oder verändert sich die Empfindung mit der Zeit? Gibt es Bereiche in Deinem Leben, mit denen Du die Empfindung in Verbindung bringen kannst? Vielleicht ein schwieriges Gespräch mit einem Freund oder Partner, eine Arbeitssituation?
- Integration: integriere diese Information in Deinen Alltag und treffe Entscheidungen basierend auf diesem neuen Wissen.